Diesen Vers habe ich schon immer als mutmachend empfunden.
Als Christ wird mir nicht einfach so alles Mögliche von Gott untersagt.
Prüft alles! Das bedeutet doch, dass ich meinen Verstand einsetzen und Sachverhalte analysieren soll, um dann zu entscheiden, den Weg des Guten zu gehen.
Gott möchte keine Marionetten als Nachfolger. Er traut uns, selbst zu prüfen, genau hinzusehen und hinzuhören, ob die Dinge gut sind oder ob Änderungsbedarf besteht.
Die Worte des Apostel Paulus sind Teil einer mutmachenden Predigt, in der Christen mitten in einer Untergangsstimmung aufgefordert werden, sich an den klaren Eckpfeilern der ersten Apostel zu orientieren und mit der unmittelbaren bevorstehenden Wiederkunft Jesu zu rechnen.
Die christliche Szene in der griechischen Stadt Thessalonich ist bereits kurz nach der Himmelfahrt Jesu mit exotischen Irrlehren überflutet und die Verfolgung der wahren Nachfolger Jesu nimmt rasant zu. Paulus schreibt die knappe Last-Minute-Befehle, die mit apokalyptischer Dringlichkeit herausgeschleudert werden.
Prüft alles und behaltet das Gute! Ein Ruf zur Wachsamkeit in verworrenen Zeiten.
Eines scheint klar: die Worte sind keine höfliche Empfehlung, von klaren geistlichen Bewertungen abzusehen, weil ja in allem etwas Gutes zu finden ist.
Was bedeuten diese Worte heute für uns?
Auch wir müssen lernen, in verwirrenden Zeiten alles zu prüfen und das Gute zu erkennen, das wir festhalten sollen.
Die Theologin und Schriftstellerin Tina Willms hat ihre Gedanken zur Jahreslosung folgendermaßen zusammengefasst:
Die große Erlaubnis
Was in der Jahreslosung als Ermahnung daher kommt, ist für mich eine große Erlaubnis.
Ich darf sortieren, den Tag, das Haus, mein Leben. Und darf abgeben, was nicht zum Guten gehört. Was aber ist dieses Gute?
In Gedanken gehe ich einmalige Dinge durch. Ich frage mich, was ich abgeben und was ich behalten möchte. Was dient dem Leben, was macht es beschwerlicher oder hindert es sogar? Was befreit, lässt Raum, um zu wachsen und bringt mich und vielleicht auch andere voran?
Mir fällt manches ein, bei dem ich tatsächlich froh wäre, wenn ich es endlich los wäre.
Das alte Fahrrad, das immer noch im Keller steht; die Kette ist verrostet und die Reifen sind platt.
Die Sorgen, die immer wieder ungefragt in meine Gedanken schleichen und mich belagern.
Eine Idee, in die ich mich verrannt habe. Oder den jahrelangen Groll, den ich immer wieder hege.
Bei anderem merke ich, dass es seine Zeit hatte, es nun aber besser wäre, mich davon zu trennen.
Den Wintermantel, der so viel Platz im Schrank einnimmt, seit zwei Jahren habe ich ihn nicht mehr getragen.
Schwieriger ist es mit einem langjährigen Urlaubsziel, das sich nur mit dem Flugzeug erreichen lässt.
Auch ein paar liebgewonnene Gewohnheiten fallen mir ein, von denen ich eigentlich weiß, dass sie mir nicht mehr guttun.
Ich nehme mir vor, öfter mal eine Inventur in meinem eigenen Leben zu machen. Es tut mir gut. Ich ordne meine Prioritäten und entscheide neu: Was ist wichtig für mein Leben und gibt mir Sinn?
Altes loszulassen verschafft mir Platz, in meiner Wohnung, aber auch in meinem Kalender, meinen Gedanken und Gewohnheiten. Ich gewinne neuen Raum, Spielraum, in dem sich Gutes ausbreiten kann.
Sandra Schmenn